Die Entführung des Böögg

Die Sachlage ist klar: Der Böögg, das Symbol des Zürcher Sechseläutens (eine uralte stadtzürcherische Tradition, aus dem Handwerker- und Kleingewerbemillieu stammend; Anm. d. Autors) wurde entführt. Von Linksaktivisten, die sich nun seit der Entführung immer wieder mittels eines ganz unterhaltsamen Storyboards etwa über Indymedia melden. Der Böög habe die Schnauze voll, heisst es, sich für die Bonzen, die Reichen und die Superreichen, welche am Sechseläuten durch die Strasse ziehen und vor allem sich selber feiern, verbrennen zu lassen.
Und tatsächlich versteht man den Böögg irgendwie. Insbesondere zu Zeiten, in denen der Druck auf die Arbeitnehmer in sämtlichen Branchen bis ins ungesunde wächst und in denen es (zu) viele junge Leute gibt, die voller Stolz behaupten, an eben diesem Sechseläuten würde die Elite von morgen mitmarschieren. Igitt.
Auf der anderen Seite ist sicherlich mit gehobener Augenbraue zu bemerken, dass sich insbesondere eben Otto Normalverbraucher über die Entführung des Böögg besonders enerviert. Das mag erstaunen. Doch haben diverse Reaktionen auf die Aktion gezeigt, dass sich nun eben gerade der Arbeiter, für den das Sechseläuten primär einen halben Tag weniger Arbeit sowie einfach Tradition bedeutet, nun betrogen fühlt. Ach, das sind ja sooo Blöde, einfach den schönen Böögg zu stehlen, heisst es da. Oder sagte ein Grosi, das im Tram neben mir sass, zu ihrer Enkelin, die auch neben mir und demnach auf Grosis Schoss sass: Aso so öppis blöds, eifech dä Böögg gogä ställä. Denn eigentlich müssten es ja genau die Leute sein, die kein oder nur wenig oder nur knapp Geld haben (und das sind 95 Prozent von uns allen), die sich nun über die Entführung des Bööggs, über diesen Seitenhieb an den - ohne Zweifel - unmenschlichen Kapitalismus freuen müssten. Doch Arbeiter oder die Gesellschaftsbasis brauchen eben auch Traditionen und eine solche ist das Sechseläuten nun mal und so witzig und Augen öffnend diese Aktion auch sein mag: Sie hinterlässt bei vielen Mitgliedern der Gesellschaft auch Fragezeichen und zum Beispiel bei Kindern wie der Enkelin neben mir im Tram auch den Eindruck, dass diese Linksaktivisten böse Menschen sind - und das muss ja nicht unbedingt ideal sein. Und dass der Kampf den Traditionen nicht immer ein guter oder gar ein sinnvoller sein muss, zeigte nicht zuletzt in den Sechziger Jahren auch die Kulturrevolution im fernen und geliebten China.
Vielmehr dürfte sich insbesondere auch die linke Szene in Zürich mal überlegen, ob eine Abschaffung etwa der Street Parade nicht sinnvoller wäre. Denn dort treffen sich noch immer Hunderttausende, um die Stadt mit alter und nervtötender Bumm-Bumm-Musik und Kostümen und Tanzstilen, die so nicht gezeigt werden sollten, zu überschwemmen. Und dies alles unter dem pseudopolitischen Deckmäntelchen einer Demonstration für die Liebe, die einem Verein das Ueberleben und ein paar wenigen einen Wahnsinns-Umsatz beschert.
Entführt doch mal ein Lovemobile samt den Ravern dort drauf!
Übrigens: Wünsche ein schönes Sechseläuten!
Olivita - 23. Apr, 20:06

Mein lieber Böögg!

Diese Aktion erinnert mich doch schon sehr an den Bärenklau an der Zürcher Bahnhofstrasse. Wer da wohl dahinter steckt? Verdächtig verdächtig...

cheekylychee - 24. Apr, 22:51

stauffacher

ich weiss es: die stauffacher hat den böögg entführt. eigentlich hätte sie ja gerne gestern am kinderumzug einen der goofen entführt, weil sie selber nie einen haben wird. goofen sind ja was kapitalistisches - investment sozusagen. da hat sie sich halt die pappnase mit chlöpfi im hirn geholt, als ersatz. nun liegt der böögg bei ihr zuhause in der stube. und explodiert 3 wochen nach weihnachten, wenn sich die stauffacher den spindeldörren tannenbaum nochmals anzündet. hoffentlich.

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